Internationale Kooperation mit Korea
„An nyong ha se yo“ 2016 und Konijuwa Tokio!
In diesem Jahr erlebte ich den Jahreswechsel auf dem Flug von Frankfurt nach Seoul (Südkorea). Ki Nam Spindler und ich waren von der Korean Society of functional therapy (KSMT) eingeladen worden, um die Zertifikatsprüfung Manuelle Therapie abzunehmen.
Seit fast 10 Jahren besteht die Zusammenarbeit zwischen der DGMSM und der koreanischen Gesellschaft, und so war es bereits mein 6. Besuch in Korea, jedes Mal begleitet von Ki Nam Spindler als Übersetzerin. Gemeinsam mit Thomas Wecker und koreanischen Manualtherapeuten prüfte ich 114 Absolventen der Weiterbildung Manuelle Therapie, und wir sahen sehr erfreuliche Ergebnisse. 107 Teilnehmern konnte das deutsche Zertifikat Manuelle Therapie überreicht werden.
Einzelne herausragende Teilnehmer können direkt im Anschluss ihre Lehrerlaufbahn beginnen und werden noch in diesem Jahr mit ihren Assistenzen bei den koreanischen Instruktoren in den verschiedenen Kurstypen starten. Da die koreanische Gesellschaft sich sehr erfreulich entwickelt, ist Lehrernachwuchs dringend erforderlich.
2015 wurden fast 1000 Teilnehmer in Manueller Therapie weitergebildet. Neben mittlerweile vier Instruktoren für alle Kurstypen gibt es 15 Assistenten. Vier Lehranwärtern konnte ich das Zertifikat für die Fachlehrerqualifikation überreichen. Im Sommer werden die Koreaner vermutlich die erste Prüfung in eigener Regie durchführen. Ihnen ist die enge Zusammenarbeit mit der DGMSM sehr wichtig, daher hatten sie bisher darum gebeten, dass ein Prüfer aus Deutschland anreist. In den letzten drei Jahren war Thomas Wecker mehrfach vor Ort, mein letzter Besuch fand 2013 statt. Während dieser drei Jahren hat sich der Qualitätsstandard sehr deutlich gesteigert. Thomas und ich sind uns einig, dass der koreanische Standard unserer deutschen Weiterbildung entspricht.
Wir haben eine schöne gemeinsame Zeit in Korea verlebt. Im Anschluss an die Prüfungen gab es die übliche koreanische Prüfungszeremonie in Form einer Fotosession, die zur Ehre der Teilnehmer an jedem Mittag und Abend mit den Absolventen stattfand. Entspannung nach einem anstrengenden Prüfungstag in englischer Sprache fanden wir bei den verschiedenen Variationen koreanischer Küche. Ich muss immer wieder feststellen, dass es hier sehr leicht ist, sich sehr gesund und schmackhaft zu ernähren! Am 07.01. ging es für mich weiter nach Tokyo, die japanische Gesellschaft hatte mich zu einem zweitägigen Masterkurs zum Thema Neurodynamik eingeladen. Außerdem stand die Schulung der dortigen Instruktoren sowie eine dreistündige Veranstaltung mit Teilnehmern, die noch keine Weiterbildung in Manuelle Therapie begonnen haben, auf dem Plan. Es sollte bei ihnen das Interesse für die Manuelle Therapie geweckt sowie die Physiotherapie in Deutschland vorgestellt werden. An Hand eines Patienten-Fallbeispiels mit lumbar back pain stellte ich manuelle, osteopathische sowie PNF Techniken vor. Unsere Untersuchungsstrategien und Behandlungsstrategien sowie die Dokumentation an Hand der ICF-Struktur stießen auf hohes Interesse. Die ICF-Struktur ist in Japan durchaus bekannt, wird aber nur im Rahmen des Studiums gelehrt, in der Praxis eher äußerst selten verwendet. Die Verknüpfung verschiedener Behandlungskonzepte wie MT, Osteopathie und PNF war für die Japaner sehr interessant.
Im Anschluss gab es für mich noch eine Signierrunde. Viele Teilnehmer wollten von mir ein Autogramm in meinem Buch „Physiotherapie in der Orthopädie“, das 2014 in japanscher Sprache erschienen ist.
Die Kusteilnehmerzahlen in Japan sind sehr unterschiedlich. Im Einzugsbereich von Tokyo ist es deutlich leichter, viele Teilnehmer zu rekrutieren als im Rest des Landes. Pro Kurs werden durchaus bis zu 30 Teilnehmer erreicht. Die Arbeitsweise der Physiotherapie ist in Japan stark durch die USA geprägt. Da evidenzbasierte Verfahren bevorzugt werden, ist es für Konzepte aus Europa schwerer sich durchzusetzen als in Korea. Japanische Physiotherapeuten sind es nicht gewohnt, nach dem Studium Weiterbildungen in der Form wie bei uns zu besuchen.
Tokyo ist eine echte Weltstadt. Die Kursräume befinden sich in einem der Glaspaläste mit 50 Stockwerken. Das Gebäude, in dem verschiedene Schulformen untergebracht sind, u.a. eine Physiotherapieschule, wurde von einem der bekanntesten japanischen Modedesigner erbaut. Die Physiotherapieausbildung ist in Japan als Fachschulausbildung über drei Jahre oder in einem vierjährigen Bachelorstudiengang möglich. Beide Gruppen arbeiten danach im Angestelltenverhältnis, Physiotherapeuten können sich in Japan nicht selbständig machen.
In Korea und Japan arbeiten Physiotherapeuten auf Anweisung der Ärzte. Obwohl sie eine jahrelange akademische Ausbildung durchlaufen, haben sie fast noch weniger Autonomie als wir hier in Deutschland. Die Kulturen sind in beiden Ländern noch sehr Hierarchie geprägt. First contact ist in keinem der Länder ein Thema.
Es war wieder eine sehr schöne und erlebnisreiche Zeit! Diese beiden asiatischen Kulturen direkt nacheinander zu erleben, war besonders beeindruckend. Thomas und ich möchten den Koreanern „Kamsa ham ni da“ für ihre Gastfreundschaft sagen, und ich möchte zusätzlich „Arigato“ nach Japan schicken.
Wir werden sicher wiederkommen!
Viele Grüße von Thomas und Mechthild